Über den Honister Pass und Hill Top zum Ullswater

Beim Frühstück saßen wir an einem Tisch mit einem Paar aus Holland und Vater und Tochter aus San Francisco. Die Holländer verbrachten nur einige Tage in England vor ihren Ferien in einem Haus in der Provence. Sie waren drei Tage im Woodhouse, um zu wandern und die Natur zu genießen.

Der Lake District lädt zu einer Fülle sportlicher Aktivitäten ein: vom Wandern über Kanufahren, Segeln und Rudern über Bergsteigen und Klettern bis hin zum Radfahren. Mehrere Fernwanderwege durchqueren den Lake District, darunter der 300 Kilometer lange Coast to Coast Walk von der Irischen See bis zur Nordsee, der durch drei Nationalparks führt.

IMG_1279Auf den engen, teilweise einspurigen, sehr kurvigen Straßen sind viele Rennradfahrer unterwegs. Die steilen Pässe sind eine besondere Herausforderung. Seit 1999 findet jedes Jahr im Mai die Fred Whitton Challenge statt. Die 180 Kilometer lange Strecke startet in Grasmere und führt über acht bis neun der wichtigsten Pässe des Lake Districts.Welche Bedeutung das benachbarte Yorkshire für das Training von Tour de France Fahrern hat, beschreibt eine Reportage in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Obwohl für die hügelige Landschaft geradezu prädestiniert und bei uns inzwischen weit verbreitet, haben wir E-Bikes erstaunlicherweise kaum gesehen.

Die junge Amerikanerin an unserem Tisch hatte einige Wochen mit Freunden Europa bereist. In England war ihr Vater zu ihr gestoßen. Sie hatten London erkundet und machten einen Zwischenstopp im Lake District auf ihrem Weg nach Glasgow.

Man trifft durchweg sympathische und sehr offene Leute in den B&Bs. Mit den Holländern haben wir uns richtig „festgequatscht“. Vor allem die Internet-Plattform „airbnb“ war Thema. Über airbnb kann man Zimmer, hauptsächlich aber ganze Wohnungen, von Privatleuten mieten. Leider ist die ursprünglich sehr positive Idee, seine Wohnung während man eine Weile nicht da ist, Menschen zur Verfügung zu stellen, die gerne die Stadt erkunden wollen, völlig aus dem Ruder gelaufen: In Metropolen wie Paris, Berlin und Barcelona regieren Spekulanten das Geschäft. Sie kaufen Wohnungen, um sie ausschießlich über airbnb zu vermieten. Das treibt die Preise in die Höhe und zerstört das Zusammenleben in ganzen Vierteln. Wenn Wohnungen nur von Fremden genutzt werden, kann es keinen lebendigen nachbarschaftlichen Austausch mehr geben. Auch in Amsterdam, aus dem das holländische Paar kam, ist das ein echtes Problem. Die beiden erzählten, dass sie auch darüber nachgedacht hatten, ihre Wohnung während ihrer Ferien über airbnb zu vermieten. Als sie jedoch hörten, dass diese während ihrer Abwesenheit nacheinander von zehn oder mehr verschiedenen Leuten für Kurzaufenthalte genutzt würde, nahmen sie schnell wieder davon Abstand.

Ebenfalls ein Thema war die Plattform „Uber“: Darüber kann man – ähnlich wie bei einem Taxiunternehmen – Fahrten buchen. Diese werden allerdings von Privatleuten in privaten Autos durchgeführt und das zu viel günstigeren Preisen als Taxifahrer berechnen. In Amsterdam hat sich neben dem regulären Taxi-Gewerbe das „Uber-Taxi“ entwickelt. Taxifahrer sind bei Uber angemeldet und führen über die Plattform Fahrten durch. Die Fahrten seien günstiger, die Fahrer freundlicher. Das hänge auch mit der Bewertung zusammen, die nach der Fahrt über die Plattform von den Fahrgästen vorgenommen werden kann. Wer nicht freundlich ist oder ein schmutziges Taxi hat, wird weniger angefragt. Sollten wir jemals nach Amsterdam kommen, so riet uns das Paar, sollten wir die Fahrt vom Flughafen unbedingt bei Uber buchen. Reguläre Taxen würden Fremden nicht selten ein kleines Vermögen berechnen. Auch in Paris sei Uber sehr zu empfehlen.

Tony, der Hausherr des B&B, war ein recht zurückhaltender Naturmensch. Er sprach leise und wirkte etwas in sich gekehrt. Als wir ankamen, wollte er gerade zu einer dreistündigen Wanderung aufbrechen, um auf einem Wanderweg Reparaturen durchzuführen. Seinen Gästen bietet er geführte Touren in die Umgebung an. Auch Kanufahren, Segeln, Rudern oder Mountainbiken lässt sich über ihn arrangieren.

Als wir uns verabschiedeten, kam er etwas mehr aus sich heraus. Er freue sich ganz besonders, Europäer bei sich begrüßen zu dürfen, hob er hervor. Er gehöre nämlich zu den 48 Prozent der Briten, die gegen den Brexit seien. Wir trösteten ihn, dass die freundschaftliche Verbundenheit mit Großbritannien nicht verloren gehe. Was auch immer die Politik beschliesse, der Austausch von Mensch zu Mensch bleibe bestehen. Sein Sohn habe den ersten Schritt gemacht, indem er Deutsch als Abiturfach gewählt habe, meinte Tony und wir erklärten, dass der Brexit durchaus auch sein Gutes habe, seien doch die Politiker in Brüssel etwas aufgerüttelt worden. Es sei zu hoffen, dass ihr Regulierungswahn ein wenig abgebremst werde.

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Einen Kilometer vom Woodhouse entfernt liegt der Ort Buttermere. Er besteht lediglich aus einem Hotel und einem Inn.

Die Wirtstochter des Gasthauses erlangte 1802 Berühmtheit als sie John Hatfield heiratete. Dieser gab vor, der Bruder des Earl of Hopetoun zu sein. Eine Verbindung zwischen einem Adligen und einer Bürgerlichen war zu dieser Zeit so ungewöhnlich, dass der Dichter Samuel Coleridge darüber in der Londoner Morning Post berichtete. Leider währte Mary Robinsons Glück nicht lang: Hatfield wurde kurz darauf als Betrüger entlarvt, vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt. Mary erfuhr sehr viel Mitgefühl, es gab sogar eine Spendensammlung für die „Maid of Buttermere“, wie sie von Wordsworth in einem seiner Gedichte genannt wurde. Die Geschichte ging gut aus: sie heiratete etwas später einen Landwirt, mit dem sie vier Kinder hatte.

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Wir ließen Buttermere hinter uns und fuhren zum Honister Pass, an dessen Fuss eine karge Landschaft mit einem tosenden Wildbach wartete.

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Die Landschaft vermittelt den Eindruck, man sei im Hochgebirge, obwohl der Pass nur 356 Meter hoch ist. Der Verzicht auf Serpentinen beim Straßenbau führt zu Steigungen von bis zu 25 Prozent, was das Gefühl verstärkt, sich hoch über der Baumgrenze zu bewegen.

Wer schmunzeln muss, wenn Einheimische ehrfurchtsvoll von den vier „Dreitausendern“ reden – den vier höchsten, über 3.000 Fuß hohen Bergen im Lake District – der mag daran erinnert werden, dass der älteste Bergsteigerverband der Welt der britische Alpine Club ist und seinen Sitz in London hat. John Ball, erster Präsident des 1857 gegründeten Clubs, war Erstbesteiger des Monte Pelmo in den Dolomiten.

Neben Bergführern aus der Schweiz und Frankreich waren es vor allem britische Bergsteiger, die während des „goldenen Zeitalters des Alpinismus“ im 19. Jahrhundert die bedeutendsten Berge der Westalpen zum ersten Mal bezwangen: der Physiker John Tyndall, der Historiker Leslie Stephen oder der anglikanische Geistliche Charles Hudson. 1858 bestieg der irische Kaufmann Charles Barrington zusammen mit zwei Schweizern erstmals den Eiger. Eigentlich wollte er auch noch das Matterhorn bezwingen. Um nach Zermatt zu reisen, soll ihm jedoch das Geld gefehlt haben. Er kehrte nie mehr in die Alpen zurück. In Großbritannien widmete er sich seiner eigentlichen Leidenschaft, dem Pferderennen. Das Matterhorn erklomm sieben Jahre später der junge Brite Edward Whymper.

Es gehörte im viktorianischen England dazu, nach den Gipfeln des Lake Districts die Berge in den Alpen zu besteigen. Die englischen „Dreitausender“ gelten als anspruchsvoll. Wegen der Küstennähe ändert sich das Wetter schnell, die Sichtverhältnisse können schwierig werden. Jedes Jahr rettet das in Ableside stationierte ehrenamtliche Mountain Rescue Team rund 100 Personen aus akuter Not. Vom verstauchten Knöchel bis hin zu schwersten Verletzungen oder gar Toten. Häufig spielen Leichtsinn und falsche Ausrüstung dabei eine Rolle.

Die schmale, teilweise einspurige Straße den Honister Pass hinauf, auf der man entgegenkommendem Verkehr in Nischen ausweichen musste, war auch für geübte Fahrer eine Herausforderung. Die grandiosen Ausblicke und die sich durch das Wolkenspiel ständig ändernden Lichtverhältnisse machten die Fahrt zu einem echten Erlebnis.

Wir brauchten einige Zeit, auch weil wir – Regen und 11 Grad zum Trotz – immer wieder anhielten, um Fotos zu machen.

In regelmäßigen Abständen kamen uns Radfahrer entgegen. Man muss schon sehr hart gesotten sein, um sich diesem „Hundewetter“ in kurzen Hosen und kurzem Shirt aufs Fahrrad zu schwingen. Doch die Engländer scheinen ohnehin recht abgehärtet. Wenn der Kalender Sommer anzeigt, ist Sommer. Man zieht kurze Röcke und Hosen an und läuft ohne Strümpfe in Flip-Flops und Sandalen herum. Empfindlichere Naturen erkennt man daran, dass sie auf Strümpfe verzichten, dafür aber Jacken mit Pelzbesatz tragen. Ein Bild, das nicht der Komik entbehrt aber Engländer sind ohnehin nicht dafür bekannt, besonders elegant und modisch zu sein…

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Ganz oben auf der Passhöhe wurde jahrhundertelang Schiefer abgebaut. Die Honister Slate Mine ist seit den 1990er Jahren wieder in Betrieb, jetzt jedoch unterirdisch. Man kann Fahrten unter Tage unternehmen, wovon wir allerdings absahen, nicht zuletzt, weil das Wetter zunehmend schlechter wurde und wir lieber die Zeit nutzen wollten, um die Aussicht zu genießen.

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Wir gelangten in das ebenfalls wenig frequentierte Borrowdale, das Borrow-Tal, das nach Ansicht vieler zu den schönsten im Nationalpark gehört. Es ist leicht wellig und etwas stärker bewaldet. Der mit Moos bedeckte Waldboden und der üppige Farnbewuchs machten deutlich, dass Regen hier keine Seltenheit ist. Tatsächlich gehört der Lake District zu den feuchtesten Gebieten Englands. Eine Dame, die sich nach unserer Reiseroute erkundigt hatte, hatte nach dem üblichen Begeisterungssturm über unser Ziel bemerkt, sie habe den Lake District noch nie ohne Regen erlebt. Das war uns im Kopf geblieben.

Der Lake District ist überdies eine sehr windige Gegend. An durchschnittlich fünf Tagen pro Jahr treten Starkwinde auf. Die Temperaturen schwanken wenig, liegen aber mit drei Grad im Winter und bis zu 15 Grad im Juli noch unter denen von Moskau, das auf demselben Breitengrad liegt. Auch Nebel gibt es häufig, wodurch die Sonnenscheindauer im Durchschnitt nur 2,5 Stunden pro Tag beträgt. Alles in allem also eine eher unwirtliche Gegend und sicherlich auch ein Grund, warum es so wenige (sonnenhungrige) Deutsche in den Lake District verschlägt.

Für viele Engländer hingegen sind „The Lakes“ das Sehnsuchtsziel schlechthin. Der Grund dafür ist im 18. Jahrhundert zu suchen, als zahlreiche Kriege auf dem europäischen Festland das Reisen einschränkten. Der Tourismus setzte mit Thomas West „A Guide to the Lakes“ ein. Der Pfarrer beschrieb die schönsten Aussichtspunkte. Um diese gebührend würdigen zu können, wurden dort auch Unterkünfte errichtet. Am bekanntesten ist jedoch Wordsworths „Guide to the Lakes“. 1835 – nur 20 Jahre nach seinem Erscheinen – wurde es bereits in der fünften Auflage verlegt. Im Juni 2017 ist ein Reprint des in „A Guide through the District of the Lakes in the North of England“ umbenannten Reiseführers erscheinen.

In den 1950er Jahren schrieb Alfred Wainwright seine „Pictorial Guide to the Lakeland Fells“ . Die sieben Bände enthalten von Hand gezeichnete Karten und Panoramen und zahlreiche Geschichten aus der Region. Neben Wordsworths Guide to the Lakes gelten sie bis heute als Standardwerk.

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Eine große Bedeutung für die Beliebtheit des Lake Districts hatte nicht zuletzt die Eisenbahn. Ursprünglich für den Transport der Bodenschätze gebaut, stand sie ab dem 19. Jahrhundert mehr und mehr im Dienste des Tourismus. Auf dem Lake Windermere, dem Ullswater, Coniston und Derwent Water wurde sie durch Dampfschiffe ergänzt. Nostaliker können auf den Spuren des Industriellen Henry William Schneiders wandeln. Der Vorstandsvorsitzende eines Stahlwerks fuhr täglich von Bowness über den Windermere und setzte seine Fahrt ins Büro in Lakeside in seinem privaten Eisenbahnwagen fort.

Mit der Gründung des Nationalparks 1951 sollte der Lake District vor wirtschaftlicher Ausbeutung geschützt und die Landschaft erhalten werden. Seine gute Erreichbarkeit über die Autobahn wird inzwischen zum Problem: Jährlich kommen 14 Millionen Besucher. Der große Andrang von Wanderern hat in stark frequentierten Gegenden zu Bodenerosionen geführt. Auf dem Windermere sah man sich gezwungen, den Wassersport mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung zu belegen.

Das hübsche, dünn besiedelte Borrowdale, das von hohen Bergen umgeben ist, passierten wir im Regen. Weltbekannt wurde es, als man dort Graphit entdeckte, der Rohstoff, mit dem im 16. Jahrhundert der Bleistift entwickelt wurde. In Holz eingefasste Graphitstäbe aus Borrowdale werden ab den 1660er Jahren in vielen Ländern verwendet, um 1680 auch in Deutschland. Weil man den Rohstoff für Bleierz hielt, wurde das neue Schreibgerät „Bleistift“ genannt.

Übrig geblieben von der einst florierenden Industrie ist die 1832 gegründete Derwent Cumberland Pencil Company, die in Keswick ein Museum betreibt.

Über Keswik gelangten wir nach Ambleside, wo wir tags zuvor so schön in der Sonne im Café gesessen hatten. Es war wieder trocken und gelegentlich kam die Sonne heraus. Das Navi übernahm und führte uns eine recht eigenwillige aber dennoch sehr pittoreske Route durch engste Straßen, die von Horden von Wanderern und Spaziergängern bevölkert waren. Ein Dilemma des ansonsten sehr zuverlässigen Navis ist, dass es Routen, die man eingegeben hat, gerne während der Fahrt eigenmächtig und ohne vorherige Ankündigung ändert, weil sie nach seinen Berechnungen die vermeintlich schnelleren sind. So war es auch in diesem Fall. Kein Hamburger Auto hat wohl jemals diesen Weg gewählt, um von einer Schnellstraße zur nächsten zu kommen.

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Kurz hinter Hawkeshead kamen wir in den winzigen Ort, in dem sich Hill Top, das Sommerhaus von Beatrix Potter befindet. Potter schrieb und zeichnete Anfang des 20. Jahrhunderts die bezaubernden kleinen Geschichten von Peter Hase, Bücher, die bis heute verlegt werden und mit denen in England alle Kinder aufwachsen. Sie zeugen von einer außerordentlichen Liebe zur Natur. Die Einkünfte aus ihren schon zu Lebzeiten sehr erfolgreichen Büchern verwandte Potter, um Stück für Stück im Lake District über 16 Quadratkilometer Land zu erwerben, das sie dem National Trust vererbte. Schon damals gab es zahlreiche Merchandising-Produkte, darunter Porzellan bemalt mit Motiven aus ihren Büchern. So erarbeitete sich Potter, von Hause aus bereits eine recht wohlhabende Frau, ein kleines Vermögen. Vor Ort machte sie sich einen Namen als Züchterin einer besonderen Schafrasse. Sie verfügte, dass auf dem Land, das sie dem National Trust überließ, nur diese Rasse gehalten werden darf.

Das Sommerhaus wurde später zu Potters Atelier, in das sie sich zurückzog, um ihre Bücher zu schreiben und die Illustrationen zu zeichnen. Liebevoll sind dort heute überall die kleinen Bücher verteilt, in denen Lesezeichen stecken. Schlägt man sie auf, findet man eine Illustration, die just jenen Schrank oder Treppenabsatz enthält, der als Vorlage für die Zeichnung diente. Aus den freundlichen Freiwilligen des National Trust, die in dem Wohnhaus als Aufseher standen, sprudelte, einmal angesprochen, unendlich viel Detailwissen über das Leben und die Arbeit von Beatrix Potter hervor. Das für die Gegend charakteristische kleine graue Steinhaus war hübsch anzusehen. Drinnen fielen allerdings die niedrigen Decken und die kleinen Fenster auf. Die zur damaligen Zeit übliche Einrichtung aus dunklem Holz machte es richtig düster. In unseren Breitengraden mit den langen, grauen Wintern, ist jeder Lichtstrahl, der in die Wohnung fällt, ein Segen. Wie muss es also der bis zu ihrem 48. Lebensjahr alleinstehenden Frau in diesem dunklen Haus ergangen sein? Hat sie aufkeimende Winterdepressionen vielleicht mit ihren heiteren kleinen Geschichten zu verscheuchen versucht? War ihr der Blumen- und Gemüsegarten vor dem Haus nicht nur Inspiration, sondern auch ein bunter Trost an trüben, regnerischen Tagen?

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Mit der Fähre setzten wir über den Lake Windermere über. Eigentlich war die kurze Fahrt als Ersatz für die so beliebten Bootstouren auf dem See gedacht. Doch das Tal war völlig verhangen und es regnete „cats and dogs“.

Der Hauptort Windermere war dennoch überfüllt. In einer Blechlawine bewegten wir uns im Schrittempo nach Ambleside. Mit etwas Glück fanden wir einen Parkplatz, um auf den obligatorischen Nachmittagstee einzukehren. Ambleside ist ein hübscher Ort mit vielen Geschäften für Outdoor-Ausrüstung. Der dichte Regen und die ablaufende Parkuhr machten einen ausführlichen Bummel jedoch nicht möglich.

Wir strichen die Fahrt über den Kirkestone-Pass und fuhren außen herum über die Schnellstraße zum Ullswater. Über dem See einsam an einer einspurigen Straße lag unsere nächste Unterkunft Lowthwaite B&B.

Jim, ein hochgewachsener, schlanker Mittfünfziger führte uns durch das komplett renovierte Bauernhaus und erklärte uns alles derart detailliert als hätten wir die Absicht, wochenlang dort zu verweilen. Gemeinsam mit seiner dänischen Frau hatte er einige Jahre in Tansania gelebt. Lebhaft konnte ich mir den Mann mit dem Schmiss auf der Wange als Verwalter einer Kaffeeplantage vorstellen (tatsächlich hatten er und seine Frau dort Touren auf den Kilimandscharo organisiert). Bei seiner Rückkehr nach England füllte das Paar einen ganzen Container mit Möbeln, die aus dem Holz ausrangierter Dhows, der traditionellen Holzsegelschiffe, gearbeitet waren. Damit richtete es sein B&B im Lake District ein. An den Wänden findet sich afrikanische Kunst. Drei der vier individuell ausgestatteten Gästezimmer sind – ebenso wie das B&B selbst – nach der Gegend benannt: sie heißen Matterdale, Helvellyn und Blencathra. Wir richteten uns im Helvellyn Room ein, dem nach dem drittgrößten Berg in England benannten Zimmer und erfreuten uns an der sympathischen Entstehungsgeschichte, die uns ausgerechnet im Lake District zu einer Nacht im afrikanischen Flair verhalf.

Jim empfahl uns ein gemütliches Inn in der Nähe, wo wir fast so gut zu Abend aßen wie im Shibden Mill Inn. Teppichfußboden im schottischen Karo-Muster und Lounge-Musik im Hintergrund gaben dem Restaurant eine hochwertigere, etwas moderne Atmosphäre.

Jim und Tine legen Wert auf Qualität: wir hatten Gänsefeder-Decken und die Ausstattung war im Vergleich zur Nacht am Buttermere regelrecht luxuriös: ein großes Bad mit Regendusche, kuschelige Handtücher und sogar Bademäntel. Für das Frühstück konnten wir am Abend zuvor aus einer umfangreichen Liste wählen. Neben den Klassikern in unterschiedlichen Variationen konnte man auch Pfannkuchen und Kuchen bestellen. Hinzu kam das Frühstücksbüffet mit zwei selbstgebackenen Brotsorten, Obstsalat, Cerealien und selbstgemachte Marmeladen. Wer sollte all das essen?!